Ein Wintermärchen – die wundersame Entdeckung des Chicorées
Der leckere Chicorée ist ein vergleichsweise «junges Gemüse»: Verschiedenen Quellen zufolge wurde er im 19. Jahrhundert an unterschiedlichen Orten entdeckt und geerntet.
Der Chicorée stammt von der Gemeinen Wegwarte oder Zichorie – einer uralten Heilpflanze. Seit dem 17. Jahrhundert wurden die langen Pfahlwurzeln der Wegwarte im Herbst ausgegraben, getrocknet, geröstet, wie Kaffeebohnen gemahlen und mit heissem Wasser zu einem kaffeeartigen Getränk aufgegossen: dem Zichorienkaffee, auch «Blümchenkaffee» oder «Muckefuck» genannt. Da in Europa naturgemäss keine Kaffeebohnen wachsen, war der Zichorienkaffee bis ins 20. Jahrhundert hinein auf unserem Kontinent ein beliebter Kaffeeersatz.
Wir schreiben das Jahr 1830. In den Wirren der Brabanter Revolution, dem Jahr der Gründung des Königreichs Belgien, züchteten zwei Brabanter Bauern Wurzeln für den Zichorienkaffee. Der Legende nach handelte es sich um ein Brüderpaar namens Cornelius und Mario.
Um die Wurzeln vor den Besatzern zu verstecken, vergruben Cornelius und Mario diese im Herbst, unter Tüchern verhüllt, in der dunklen Erde. Im Winter, als die Besatzer Brabant verlassen hatten, machten sie sich daran, die Wurzeln wieder auszugraben. Doch diese hatten sich verändert: Auf den Wurzeln sprossen nunmehr zartweisse, knackige Blätter. Die Not war gross und die Lebensmittel waren knapp. So probierten die Brüder die weissen Blätter.
Sie schmeckten zartbitter und frisch und am Feuer des häuslichen Kamins geröstet entwickelten sie ein delikates Karamellaroma. Die beiden Bauern nannten die wundersamen Sprosse «wit loof» – weisse Blätter.
Was Cornelius und Mario auch herausfanden: Schon nach wenigen Tagen blühten sie und ihre Familien förmlich auf, bekamen rosige Bäckchen und waren fröhlicher denn je. Fortan kultivierten die Bauern die «weissen Blätter» und boten sie auf Märkten an, wo sie schnell auf reges Interesse der Bevölkerung stiessen und rauschenden Absatz fanden. Der Chicorée drang in die Küchen der feinsten Höfe Brabants vor, in die besten Küchen Frankreichs und schliesslich auch in die Neue Welt.
Chicorée drang nicht zuletzt auch in die Schweiz vor. Dort ist er seit Anfang dieses Jahres auch als «SwissDiva» bekannt.
Was aus den Brüdern Cornelius und Mario wurde, scheint sich im Dunkel der Vergangenheit zu verlieren. Vielleicht ist ihre Geschichte ja nur eine Geschichte. Andere Quellen verfolgen den Ursprung des Chicorée ins Brüssel des Jahres 1845 zurück, wieder eine andere ins Jahr 1870. Gut möglich, dass der Chicorée unabhängig voneinander an unterschiedlichen Orten entdeckt wurde und alle diese Geschichten gleichzeitig stimmen.
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